Die Geschichte
Man sagt, dass vor ca. 350 Jahren in China während der Belagerung des Shaolin Klosters durch die Manchusoldaten ein Feuer ausbrach, dass das Kloster in Schutt und Asche legte und die meisten Bewohner des Klosters tötete. Einige wenige kampfkunsterfahrene Mönche konnten entkommen und lebten seitdem unter falschen Namen an anderen Orten. Zu diesen Überlebenden gehörte die Nonne Ng Mui eine der fünf Älteren des Klosters. Die buddhistische Nonne zog an den Fuß des Berges, der an die Szechwan Provinz grenzte.
Um sich an den Verrätern zu rächen, die das Shaolin Kloster zerstört hatten, entwickelte sie eine neue Kampfmethode, die dem Shaolin Kund Fu überlegen sein sollte. Dieses neue System sollte alle Schwachpunkte der Shaolin Techniken für sich ausnutzen. Die Inspiration für das neue System bekam Ng Muli durch den Kampf zwischen einem Fuchs und einem großen wilden Kranich. Der Fuchs lief im Kreis um den Kranich herum, denn er hoffte einen tödlichen Angriff gegen dessen ungeschützten Flanke anbringen zu können. Der Kranich aber blieb in der Mitte des Kreises und drehte sich stets so, dass seine Front immer dem Fuchs zugewandt war. Jedes mal, wenn der Fuchs dem Kranich zu nahe kam und ihn mit einer Pfote angreifen wollte, wehrte der Kranich mit einem Flügel ab und führte gleichzeitig einen Gegenangriff mit seinem Schnabel aus. Der Fuchs verließ sich hingegen auf die Schnelligkeit seiner Läufer und Überraschungsangriffe, nach einiger Zeit merkte der Fuchs jedoch, dass er dem Kranich unterlegen war und ergriff die Flucht. Da Ng Mui nur das Konzept von diesen Tieren übernahm, bekam das neue System nicht den Namen Fuchs Kung Fu oder Kranich Kung Fu, so wie es sonst im Kung Fu üblich war. So geschah es, dass das neue System welches Ng Mui entwickelte keinen Namen erhielt.
In etwa zur gleichen Zeit lebte in der Kwantung Provinz das Mädchen Yim Wing Chun, das seit dem Tode ihrer Mutter mit ihrem Vater, Yim Lee allein aufwuchs. Schon als kleines Kind wurde sie dem Jüngling Leung Bock Chau, einem Salzkaufmann aus der Provinz Fukin versprochen. Yim Lee der gewisse Kampftechniken des Shaolin Stiles erlernt hatte, sorgte in seiner Gegend für Gerechtigkeit, wenn es sich als nötig erwies. Als eines Tages deswegen unschuldig in eine Gerichtssache verwickelt wurde, floh er, um einer Verhaftung zu entgehen, mit seiner Tochter an die Grenze des Provinz Szechwan und Yunnan. Er ließ sich am Fuße des Tal Leung Berges nieder und verdiente sich sein Lebensunterhalt mit einem Verkaufsstand für Tofu und andere Nahrungsmittel.
Im Ort gab es einen streitsüchtigen Mann Namens Wong. Die Dorfbewohner konnten ihm nichts anhaben, da er ein Kung Fu Meister war und einem Geheimbund angehörte. Der Arm des Gesetzes reichte nicht bis in dieses weit entfernte Grenzdorf. Angezogen von der Schönheit Wing Chuns schickte Wong einen Boten zu ihr, wobei er um ihre Hand anhielt, mit der Drohung, ihr eine Frist zu setzen und Gewalt anzuwenden, falls sie sich weigere. Sie selbst war zu schwach um ihm Widerstand zu leisten, und ihr Vater war inzwischen zu alt, um sie zu schützen. Von diesem Tag an machten Vater und Tochter sich große Sorgen um die Zukunft.
Zu dieser Zeit lebte die Nonne Ng Mui im Weißen Kranich Tempel am Tai Leung Berg und kam mehrere male im Monat zum Marktplatz des besagten Dorfes, um notwendiges einzukaufen. Sie war eine regelmäßige Kundin von Yim Lee, und so kam es das sie sich öfter unterhielten. Eines Tages erkannte sie am Verhalten und an den Blicken Wing Chuns und ihres Vaters, dass diese von Sorgen gequält wurden. Auf ihr Fragen erzählten Vater und Tochter ihr alles. Ng Mui beschloss Wing Chun zu helfen, aber nicht, indem sie selbst den Bösewicht besiegte (was sie früher sicherlich getan hätte). Denn zum einen wollte sie ihre falsche Identität nicht aufgeben und zum anderen wäre ein Kampf zwischen ihr, der berühmten Meisterin eines angesehenen Kung Fu Stils, und einem unbekannten Dorfschläger ungleich und damit unfair und ruhmlos gewesen. Deshalb wollte sie Wing Chun Problem lösen, indem sie sie mit in ihren Tempel nahm, um ihr die Kunst des Kämpfens zu lehren. Nach drei Jahren Unterricht schickte Ng Mui Wing Chun wieder zu ihrem Vater zurück. Kaum das sie wieder im Dorf war bedrängte Wong sie erneut. Dieses mal lief Wing Chun nicht vor ihm davon, sondern forderte ihn zum Kampf auf. Wong war sehr siegessicher freute sich darauf, dass schöne Mädchen endlich für sich gewonnen zu haben. Er sollte sich aber täuschen, denn Wing Chun schlug ihn zu Boden, wo er hilflos liegenblieb, so dass er nie wieder das Verlangen hatte sie zu belästigen.
Nach dem Ereignis verließ Ng Mui den Tai Leung Berg. Vorher ermahnte sie Wing Chun, die Regeln der Shaolin einzuhalten, einen würdigen Nachfolger zu finden und nur die richtigen Schüler zu unterweisen. Wing Chun heiratete schließlich doch ihren Verlobten Leung Bok Chau und gab die neue Kampfkunst-Methode, die sie von Ng Mui gelernt hatte, an ihn weiter. Sie unterhielten sich oft über die Theorie der Kampfkunst, Leung Bok Chau jedoch, der selbst verschiedene Kung Fu Stile beherrschte, hörte anfangs kaum zu, denn glaubte, dass er mehr davon verstünde und sie ja nur eine schwache Frau sei. Dann aber fand Wing Chun eine Gelegenheit, ihm ihr können praktisch vorzuführen. Und so oft sie zusammen kämpften, so oft wurde Leung Bok Chau von ihr besiegt. Erst dann erkannte er, dass die Frau, die er geheiratet hatte, eine große Meisterin der Kampfkunst war. Er bewunderte ihr Können sehr und übte von nun an regelmäßig mit ihr. Ihr zu Ehren benannte er dieses Kung Fu System später Wing Chun (Kuen).